Mittwoch, 15. Dezember 2010

PARIS: Les bavoirs inhabituels ODER Pimp my Lätzchen

Eigentlich muss man doch nur DIE eine Idee haben und schon boomt das eigene Start-up-Unternehmen. So oder zumindest so ähnlich stellen sich das viele vor, doch ganz so einfach ist es natürlich nicht. Wieviel Kreativität, Energie und lange Nachtschichten dafür nötig sind, eine ungewöhnliche Idee in die Tat umzusetzen, wissen Maude Möhlmann und Daniel Benoist mittlerweile ganz genau. Seit Mitte diesen Jahres gibt es ihre Kollektion "PRET-A-TACHER", die simple Stoff-Lätzchen in Mode-Accessoires verwandelt. Ich habe mit Maude, dem kreativem Kopf des Projekts, über Lady Gaga, das Wohnzimmer als Produktionsstätte und ihr persönliches Paris gesprochen.




Logo der Kollektion


Maude, Du hast schon Schmuck für Promis wie Lady Gaga und Rihanna designt, wie kommt man da auf die ungewöhnliche Idee Mundtücher zu entwerfen?
Angefangen hat alles mit der Ausstellung "Designer's Days 2010" hier in Paris. Dort haben wir unsere Idee das erste Mal vorgestellt. Ich hatte erst kurz vorher die Lätzchen kreiert, einem Produkt, dem ich in erster Linie selbst verfallen bin. Ich muss dazu sagen, dass ich leidenschaftlich gerne esse und dass es schon ab und zu vorkommt, dass ich mich bekleckere. Und da ein Lätzchen ja eigentlich nun nicht für Erwachsene gilt habe ich mir überlegt, wie man denn so ein Produkt tragbar machen koennte. Da kam mir dann die Idee der kulinarischen Schmuckdekoration und dann ging alles recht schnell. Die Ausstellung hatte grossen Erfolg und viele Besucher wollten die Lätzchen kaufen. Da haben wir, mein Mann Daniel und ich, dann beschlossen in Produktion zu gehen.


Maude und ihr Mann Daniel


Hast Du ein besonderes Lieblingsmotiv aus der bisherigen Kollektion?
Ich mag sie natürlich alle gerne, aber ganz besonders das "Menu Degustation", da ich großen "Bling Bling"-Schmuck sowieso liebe!



Das Lieblingsmotiv der Designerin: Model "Menu Degustation"



Welche Zielgruppe hattest Du am Anfang im Kopf?
Natürlich Erwachsene. Keine bestimmte Altersgruppe, sondern einfach Menschen, die gerne essen. Natürliche Genießer, die auch über sich lachen können.

Für alle Generationen - Daniel hier mit seiner Nichte Frida 

Wie werden die "Bavoirs" (franz.: le bavoir - das Lätzchen) eigentlich hergestellt?
Wir lassen den Stoff in einem Pariser Atelier schneiden und nähen und dann geht's ab in unser Wohnzimmer. Die Designs werden vom Computer auf eine Transferfolie gedruckt, ausgeschnitten und dann mit einer Textilpresse in den Stoff gepresst. Danach werden die Lätzchen gebügelt, mit Druckknöpfen versehen, auf Fehler gecheckt und verpackt.

(Anm.d.Red.: Auch ich habe letzte Woche schon in besagtem Wohnzimmer dabei geholfen Lätzchen zu bügeln, Verpackungen zu kleben und die Produkte verkaufsfertig zu machen:-))

Wie und wo kann man Eure Mundtücher denn kaufen?
Natürlich auf unserer Website www.pretatacher.com. Sonst hier in Paris direkt über mich oder bei meiner Mutter in Hamburg (Telefonnummern stehen auch auf der Website). Außerdem gibt es unsere Produkte neuerdings auch im Online-Shop des "Feinschmeckers" (http://www.der-feinschmecker-club.de/de/pret-a-tacher-die-laetzchenkollektion-fuer-geniesser).   

Zu gebrauchen in allen Lebenslagen :-)

Gibt es schon Ideen das Lätzchen-Projekt weiterzuentwickeln?
Klar. Es wird nächstes Jahr eine weitere Lätzchenkollektion mit neuen Designs herauskommen. Ausserdem arbeiten wir momentan an der Entwicklung von Schürzen, Servietten und Papierlätzchen. Neue Infos gibt es selbstverständlich immer auf unserer Webseite.



Weitere Motive der aktuellen Lätzchenkollektion: Model "Linguine alle vongole" (oben) und "Couscous royal" (unten)

Zum Schluß: Als langjährige Bewohnerin dieser Stadt ... was ist für Dich typisch Paris?
Die Terrassen der Cafes, "les Parisiennes", die Künstler, Velib, die kleinen Appartments, die Architektur Haussman, Belleville, Canal St Marin.  

Danke für das Gespräch :-)


Wem von Euch nun also auffällt, dass er noch kein Weihnachtsgeschenk für den kleckernden Großvater, den Tomatensauce-liebenden Cousin oder die Hummer-versessene Nichte hat, der weiss ja jetzt, wo er fündig wird ...

BON APPÉTIT et à bientôt!

Montag, 6. Dezember 2010

PARIS: L‘hiver est arrivé ODER gegen die Kälte und für die Obdachlosen

MIT BILDERN VON Ver.Ena 
Es schneit!!! Der Winter ist da!!! Das heißt Plätzchenbacken mit Freunden, gemütliches Glühweintrinken auf dem Weihnachtsmarkt und (zumindest meistens ;-)) die Vorfreude auf Weihnachten mit der Familie. Doch neben dem alljährlichen Verkehrschaos, das die ersten Flocken auslösen (und das die meisten von uns jedes Jahr aufs Neue zur Weißglut treibtJ), bringt in Paris – wie in jeder anderen europäischen Großstadt – ein solcher Wetterumschwung noch ganz andere Probleme mit sich.
Es ist Freitagabend, auf dem Weg zum Restaurant stolpere ich fast über einen Mann, der sich mit seinem Schlafsack und einem Berg von Decken auf die Gitter eines U-Bahn-Schachts gelegt hat. Ich erhasche nur einen kurzen Blick auf sein verhärmtes unrasiertes Gesicht. 
Beim Umsteigen in der Metro schlurft eine Frau mit zerlöcherten Schuhen, wirren Haaren und einem sehr strengen Geruch nach Alkohol und Körperflüssigkeiten vor mir her. Ich überhole sie mit schnellen Schritten, denn der Gestank (anders kann ich es nicht nennen, auch wenn ich gerne würde) ist wirklich kaum auszuhalten.



SDFs – kurz für „sans domicile fixe“ – werden die Obdachlosen hier in Paris genannt. Laut offiziellen Schätzungen leben weit mehr als 10 000 von ihnen auf den Straßen der französischen Hauptstadt. Doch was passiert jetzt im Winter eigentlich mit all diesen Menschen, an denen unsere schnelllebige Gesellschaft meist nur eilig vorbeiläuft?
Plan Hiver
Damit sich um genau dieses Problem gekümmert wird, hat der Pariser Bürgermeister Delanoe Ende November den sogenannten „Plan zur Hilfe von Obdachlosen“  für den Winter 2010/11 vorgestellt. Dieser ist Teil des „Plan Hiver“ der 2006 von der französischen Regierung ins Leben gerufen wurde, mit dem Ziel, sich organisiert während der kalten Wintermonate um die Obdachlosen des Landes zu kümmern.  
Unterstützt wird dieser Vorsatz landesweit von vielen verschieden Projekten, unter anderem den sogenannten Restos du coeur, die sich durch Spenden finanzieren und die mittlerweile schon seit 25 Jahren mit über 50 000 Freiwilligen Obdachlose und Bedürftige in ganz Frankreichs mit Essen versorgen. Eine dieser Essensausgaben, habe ich in der letzten Woche einmal besucht.


Der Eingang zu der Kantine im 13. Arrondissement ist nicht so leicht zu finden. Drei Mal laufe ich an der Hofeinfahrt vorbei. Uralte kaputte Autos,  die teilweise statt einer Fensterscheibe nur noch braunes Paketband haben, und Mülltonnen säumen den Weg in den Hinterhof, in dem sich die Ausgabestelle in einem container-artigen Gebäude befindet. Die Männer - sowieso scheinen hier eigentlich nur Männer zu essen - an denen ich vorbeilaufe, schauen mich an, als wäre ich ein Außerirdischer und irgendwie fühle ich mich auch sehr fremd. Darf ich hier überhaupt einfach so hin? Ist das nicht irgendwie unangebracht?  
Über 450 heiße Mahlzeiten am Tag
Als ich zögernd vor dem Container stehen bleibe, spricht mich ein Mann an und ermuntert mich doch hereinzutreten. Ich atme einmal tief durch und trete ein. Alles gar nicht so schlimm. Niemand nimmt Notiz von mir. Der Geruch nach ewig durchgekochtem Essen mischt sich mit der kalten Luft von draußen. Die schlurfenden Schritte der Besucher lassen den dünnen Boden des Containers vibrieren. An zusammengeschobenen Tischen stehen Freiwillige mit weißen Plastikschürzen. Große Behälter mit rotem Eintopf stehen vor ihnen, daneben eine Kiste mit gestapelten Baguette-Hälften.  Ein netter älterer Herr, der hier schon seit drei Jahren als Freiwilliger arbeitet, erzählt, dass diese Einrichtung fast das ganze Jahr über geöffnet ist. Nur im Juli und August machen sie Pause. Egal ob Sommer oder Winter, jeden Mittag, von Montag bis Freitag, gehen hier durchschnittlich 450 Essen pro Tag raus. Jeder, der etwas bekommt wird fein säuberlich in eine Liste eingetragen. Nach welchen Kriterien wer allerdings was bekommt, ist mir nicht ganz klar geworden. Im letzten Winter standen den Restos du coeur rund 65 Millionen Euro an Spenden und staatlichen Hilfen zur Verfügung – ein Riesenprojekt.


Auch wenn natürlich keiner so wirklich mit mir reden wollte und Fotos machen nicht erwünscht war …  als ich den Container verlasse ist mein unbehagliches Gefühl, einem eher beruhigenderem gewichen. Natürlich scheint es für mich – die ich am Abend wieder in meine warme Wohnung inklusive gut gefülltem Kühlschrank zurückkehre – leicht so etwas zu sagen, und doch: Die Gewissheit, dass es hier jeden Tag, egal wie kalt es sein und wie viel es diesen Winter schneien wird, für die  Menschen, die aus den verschiedensten Gründen ihr zu Hause verloren oder verlassen haben, ein warmes Essen gibt, lässt einen doch ein bisschen leichter zurück in die Kälte gehen.

Mit diesen, heute mal etwas nachdenklicheren Grüßen aus Paris wünsche ich Euch allen eine schöne zweite Adventswoche.
À bientôt

Wer jetzt noch mehr über die Restos du coeur wissen möchte unter http://www.restosducoeur.org/ findet ihr es. Und wer jetzt noch etwas Gutes tun möchte, den möchte ich auf ähnliche soziale Projekte zur Unterstützung der Obdachlosen und Hilfsbedürftigen hinweisen, die es eigentlich in allen deutschen Großstädten gibt. Wie z.B. die Berliner (http://www.berliner-tafel.de/   ) oder die Hamburger (http://www.hamburger-tafel.de/index.php?sid=0 )Tafel.

Freitag, 26. November 2010

PARIS: La musique en rose ODER Ohrenschmerzen gibt es gratis (zumindest manchmal)

Kaum zurück in Paris hat mich die Stadt auch schon wieder in ihren Bann gezogen. Ende November sitzt man in den Restaurants immer noch draußen (obwohl schon die ersten Weihnachtsdekorationen auftauchen) und der Geruch von grösteten Maronen zieht durch die Straßen. Doch heute geht es weder um das, was man Sehen oder Riechen kann, sondern um das, was man hört, wenn man in Paris unterwegs ist.

La vie en rose von Edith Piaf ist sicherlich eines der berühmtesten französischen Lieder, aber, dass das musikalische Paris nicht immer ganz so rosig ist, offenbart sich einem sobald man die Pariser Metro betritt.  Hier deshalb eine kleine Auswahl meiner – mal mehr, mal weniger schönen – musikalischen Begegnungen der letzten Wochen.
Mitte Oktober. Ein Mann mit Akkordeon in der Metro. Typisch französische Amelie-Poulin-Musik, die mein Ich-bin-endlich-in-Paris-Feeling verstärkt. Genauso hatte ich mir Paris vorgestellt, doch schon bald muss ich lernen, dass auch diese anfängliche Begeisterung für die Pariser Stadtmusikanten schnell wieder nachlassen kann ... 

Anfangs war ich noch von jedem Metro-Musikanten begeistert ... Betonung liegt auf ANFANGS:-)

Nichts ahnend steigt man morgens noch halb verschlafen in die Metro und eine Dame mittleren Alters hat sich dazu entschieden, uns heute mit einem schief gesungenen Strangers in the night inklusive osteuropäischem Akzent in den Tag zu schicken. Wer das einmal gehört hat, weiß, da ist der Tag eigentlich schon gelaufen :-). Eher mittelmäßig begabt (und das ist wirklich schon übertrieben) ist auch die Dame gewesen, die sich mit Mikro und Instrumentalversion vom Band an einem Ave Maria versuchte. AHHHHHH, kann es denn noch schlimmer werden??? Antwort: Ja, es kann!!!

Anfang November. Auf dem Rückweg von der Sprachschule betritt ein junger Türke den Zug, schmettert ein fröhliches „Bonjour“ in die Runde und holt sein Musikinstrument raus. Musikinstrument? Naja, denn das, was er damit erzeugt kann man nun wirklich nicht als Musik bezeichnen. Aus seiner Flöte mit Tatstatur (zum großen Leidwesen meiner Eltern hatten Dario und ich so ein Ding als wir klein waren) kommen nur viel zu hohe Tönen, die nicht nur mir, sondern auch allen anderen Fahrgästen körperliche Schmerzen zufügen. Jedem Kleinkind würde man ein solches Gerät sofort verbieten (was meinem Bruder und mir damals übrigens auch passiert ist). Mit einem gequälten Lächeln ergeben wir uns alle unserem Schicksal und warten sehnsüchtig auf den nächsten Halt.
Insgesamt findet man in der Pariser Metro die komplette Bandbreite der Weltmusik vertreten. Da erklingt dann Lambada von Kaoma durch die Gänge der Opéra-Station oder La Condor Pasa wird – wie bei uns auf dem Ku’damm – von einer peruanischen Großfamilie mit Panflöten zum Besten gegeben. Unter dem Place de la Concorde kann man beim Umsteigen sowohl asiatischen Geigen als auch, ein paar Meter weiter, Sinatras My way lauschen. Auch ein griechischer Sirtaki, gespielt auf einem überdimensionalen tragbaren Xylophon und der Beatles Klassiker Let it be sind mir am frühen Morgen schon untergekommen.
Manchmal lassen sich auch ganze Streichorchester in der Pariser Metro finden (wobei ich zugeben muss, dass ich dieses leider nicht selber gesehen habe)  

Letztendlich möchte ich die Zunft der Pariser Straßenmusikanten nun aber doch auch noch einmal loben: An der Station Opéra sitzt manchmal eine Frau, die auf ihrer Geige wunderschöne Klassikmusik spielt, die sie auf einer CD sogar zum Verkauf anbietet. Super war auch vor einigen Tagen ein Klarinettenspieler, der eine unglaublich tolle Mischung zwischen Jazz und Klezmer gespielt und dem auch das Ruckeln des Zuges keinen einzigen schiefen Ton abgerungen hat.
Was gute Musik "anrichten" kann, sieht man in diesem Video ... spontane Tanzparty unter Tage J

Ein Rätsel bleibt mir allerdings weiterhin, wie die Musikanten mit diesen, teilweise ja doch sehr skurrilen, musikalischen Einlagen Geld verdienen, denn ich sehe nie jemanden etwas Geld geben und auch bei mir war der Klarinettist bisher der einzige, dem ich etwas in seinen Becher getan habe.

Mit diesen musikalischen Grüßen aus der französischen Hauptstadt Euch allen nun erstmal ein schönes erstes Adventswochenende,
Eure Benita

P.S.: Achja, La vie en rose zusammen mit Oh Champs Elysée bleibt auch in der Pariser Metro einer der All-Time-Favourites und wird wohl auch weiterhin auf allen Gleisen hoch und runter gespielt.

Mittwoch, 17. November 2010

CANNES: La côte des artists ODER die Fondation Maeght - ein ganz besonderer Künstlertreff

Das Mittelmeer - anders als sonst fällt mein Blick aus dem Fenster heute mal nicht auf einen Pariser Innenhof, sondern auf dieses große graue Blau. Bevor ihr Euch jetzt wundert, was das Mittelmeer auf einmal in Paris macht … ich bin gerade in Cannes und besuche langjährige gute Freunde meiner Familie.
Doch neben den Filmfestspielen von Cannes, einem skandalreichen Fürstenclan in Monacco und den aufgepumpten Schlauchboot-Lippen der Schönen und Reichen auf der Croisette bietet Frankreichs Mittelmeerküste noch viel mehr: Sanfte Hügel, grüne Wälder und terracottafarbene Häuser bilden eine Landschaft, die immer wieder Künstlern aus aller Welt als Inspirationquelle gedient hat. Zu sehen unter anderem im zeitgenössischen Museum der Fondation Maeght in St-Paul de Vence nur wenige Kilometer im Landesinneren.
Gegründet wurde die Stiftung von dem französischen Sammler-Ehepaar Marguerite und Aimé Maeght, die 1964 einen geeigneten Platz für ihre vielen Bilder suchten. Die Villa, die selbst schon einem Kunstwerk gleicht, wurde von dem spanischen Architekten Josep Lluis Sert gebaut, der unter anderem auch - und in diesem Falle unübersehbar - mit Le Corbusier zusammenarbeitete. 

der erste Blick auf die Villa

das Gebäude vom Innenhof gesehen
Schon von Beginn an war die Fondation jedoch nicht nur Museum, sondern auch Treffpunkt der künstlerischen Elite des 20. Jahrhunderts. Neben Joan Miró waren Georges Braques und Henri Matisse gern gesehene Gäste, die sich mit ihren Entwürfen in und um das Haus herum an der Gestaltung dieses ungewöhnlichen Ortes beteiligten.
Brunnen-Mosaik von Georges Braques
 Miró-Skulptur
Besonders beeindruckend ist der Garten der Villa. Inmitten von schiefgewachsenen Kiefern stehen da Skulpturen von Miró, die mit ihren satten Farben einen starken Kontrast zu den Naturtönen ihrer Umgebung bilden und Calders schwarze Stahlkonstruktion zeichnet sich vor dem, am Horizont liegenden, Mittelmeer ab.
vorne "Les Renforts" von Alexander Calder
Joan Miró's "Personnage"
Innerhalb des Gebäudes gibt es eine Dauerausstellung, in der weitere bekannte Künstler wie Marc Chagall oder Wassily Kandinsky vertreten sind. Dazu kommen regelmäßig wechselnde Expositionen, um alle Stücke der rund 12.000 Werke umfassenden Sammlung den Besuchern präsentieren zu können.
die Ausstellungsräume erstrecken sich über mehrere Ebenen
                                    
"Homme et femme" von Alberto Giacometti

Giacometti's früher Entwurf des IPads ;-) ?!
Ansonsten hat sich mir die Cote d’Azur leider eher von ihrer regnerischen Seite gezeigt, aber mit netten Gesprächen, ab und an einer leckeren Auster und einem kleinen Einkaufsbummel, stört das einen auch nicht wirklich :-). Und kommt man dann doch einmal in den Genuss einer kleinen Regenpause, in der sich die Sonne durch die Wolken schiebt, so kann man nachvollziehen, warum diese lichtdurchflutete Landschaft Künstler vieler Epochen zum Malen, Kreieren und Schaffen inspiriert hat.

Abendstimmung an der Côte d'Azur

Sonnenuntergang am Mittelmeer
Für mich geht es heute Abend zurück nach Paris und dann morgen früh gleich weiter in die Schweiz nach St. Gallen, wo ich an einer Studentenkonferenz über Indien teilnehmen werde, die eine Freundin von mir mitorganisiert hat (http://www.emerge-conference.com/). Nachdem ich den indischen Fortschritt – der meiner Meinung nach doch eher noch etwas eingeschränkt vorhandenen ist :-) – ja erst vor wenigen Wochen mit eigenen Augen gesehen habe, bin ich natürlich besonders gespannt, was mich dort erwartet.
LG von der Côte ... ob nun des artists oder d'Azur ...

Montag, 1. November 2010

PARIS: L’art de la rue ODER die Straße als Leinwand für Jedermann

Auf meinen bisherigen Streifzügen durch die Pariser Arrondissements sind mir mittlerweile viele verschiedene und teilweise ziemlich beeindruckende Graffiti-Malereien an den Hauswänden aufgefallen. Grund genug ihnen den heutigen Blog-Eintrag zu widmen.
Sicherlich, die Kritiker unter uns würden manche dieser Malereien wohl eher als Wandkritzeleien bezeichnen und etwas von dem Beschmutzen fremden Eigentums faseln, aber mir scheint, dass Streetart in Paris nicht nur als Schmierereien, sondern viel mehr als Ausdruck von enormer Kreativität verstanden wird. Wahrscheinlich auch, weil ich immer wieder auf Wandgemälde gestoßen bin, die man wirklich schon als Kunstwerke bezeichnen kann.


Absurdes Stilleben: Die Beatles mit Kiss-Masken neben Albert Einstein.

Eine Geisha, ein Spermium und die omnipräsente Werbung.

Wandbild von Jef Aérosol, einem DER französischen Graffiti-Künstler


Das tatsächliche Interesse für und die große Akzeptanz gegenüber der Straßenkunst habe ich am Samstag zufällig auch in Le Marais (einem der In-Viertel der Stadt) entdecken können. Dort fand in einer alten Fabrikhalle eine Veranstaltung der Association Le M.U.R. statt, die schon seit 2003 die Entwicklung der contemporary art und insbesondere der urban art fördert.  Wie in einer richtigen Ausstellung wurden hier die Werke der (Straßen-) Künstler in einer stylischen und modernen Umgebung präsentiert und beim Live-Painting konnte man den Künstlern sogar direkt über die Schulter schauen.


Ausstellungshalle der Association Le M.U.R.

Auch Jef Aérosols Werke waren auf der Ausstellung zu sehen.


ohne Worte :-)


Live-Painting für die Besucher


Dass es in Paris jedoch auch ganz ohne offizielle oder institutionalisierte Unterstützung geht, sehe ich jeden Morgen auf dem Weg zu meiner Sprachschule im 19. Arrondissement, denn dort hat jemand einfach den Bürgersteig zu seiner Leinwand gemacht, um der Welt seine persönliche Botschaft mitzuteilen.


Imagine LOVE

Imagine FREEDOM


Imagine JUSTICE


Imagine PEACE


Euch allen einen guten Wochenanfang und liebe Grüße aus Paris,


Benita


Donnerstag, 28. Oktober 2010

PARIS: Les manifestations continuent ODER der Mojito-Mann, es gibt ihn wirklich!!!

EXKLUSIV sogar mit bewegten Bildern :-)


Eigentlich wollte ich heute gar nichts posten, aber dann bin ich vorhin in der Stadt schon wieder aus Versehen mitten in eine Demonstration gegen Sarkozys Rentenreform geraten. Und ich muss sagen, die Franzosen lassen wirklich nicht locker! Zwar waren es heute Nachmittag wohl nur noch um die 100.000 Demonstranten und damit deutlich weniger als in der letzten Woche, aber immerhin. Denn eigentlich ist die umstrittene Rentenreform schon gestern von der französischen Nationalversammlung verabschiedet worden und soll bereits ab Mitte November in Kraft treten. Im Klartext heisst das, dass es für die Franzosen die volle Rente jetzt tatsächlich erst ab 62 und nicht wie bisher ab 60 Jahren geben wird.
Doch von einem, wenn auch eigentlich schon verabschiedeten Gesetzesentwurf lassen sich die Franzosen in ihrer Streiklaune nun wirklich nicht abschrecken ... und so waren vor allem die jungen Leute heute Nachmittag wieder stimmengewaltig auf der Straße vertreten.







Trotz aller ernsten politischen Ziele sind die Demonstrationen aber immer auch eine ziemlich große Party ... 








Zum Schluß noch die gute Nachricht des Tages: ICH HABE DEN MOJITO-MANN GEFUNDEN!!!
(für alle, die sich jetzt wundern, wovon ich rede ... siehe Blog-Eintrag vom 22. Oktober). Und er hat sogar einen ganzen Mojito-Wagen! Hier der Beweis:




Es gibt ihn wirklich: den Mojito-Mann auf der Demo. Vive la France;-)!



Dienstag, 26. Oktober 2010

PARIS: Mais où es-tu? ODER eine ungewöhnliche Suche.

Sitze gerade bei mir um die Ecke in einem typischen Pariser Café, das nebenbei extrem gute Chancen hat mein Stamm-Café zu werden, denn der grüne Tee mit Minze ist sehr lecker und wird dazu auch noch in einer kleinen silbernen Kanne serviert. Was will man mehrJ? Aus den Lautsprecher erklingen tatsächlich französische Chansons und gegenüber ist eine Pâtisserie, aus der die Menschen mit einem Baguette oder einem Karton voll mit kleinen Törtchen kommen. Und um gleich bei den Klischees zu bleiben, geht es heute um die Liebe …

   Tu es arrivé sur le quai
   Marchant en tête de train
   Moi j’étais concentré
   À lire mon petit bouquin

Für die von Euch, die des Französischen mächtig sind: Nein, ich bin nicht unter die Dichter gegangen. Und für die von Euch, die die Sprachkenntnisse aus der Schule lieber in die hinterste Ecke Eures Wissens verfrachtet habt: Keine Sorge ich werde Euch nicht andauernd mit "la langue francaise" herausfordern … doch wollte ich Euch diese kleine, aber feine und vor allem sooo romantische, Geschichte nicht vorenthalten.
Denn diese französischen Zeilen sind der Anfang eines Gedichtes, auf das ich heute Morgen in der Metro gestoßen bin. Der DIN A4 Zettel auf dem es stand, klebte an jeder Wagontür und der Titel des Gedichts war „Mais ou es-tu?“. 


So hing das Gedicht heute an jeder Tür des Zuges.


Verfasser des Gedichts  ist wohl ein (junger?) Mann, der auf der Suche nach seiner großen Liebe ist, von der er überzeugt ist, sie vor knapp zwei Woche in der Metro gesehen zu haben. Zugegebenermaßen das Gedicht ist ein bisschen nach dem Motto „Reim Dich oder ich fress Dich“ zusammengewürfelt, aber es beschreibt das erste und bisher einzige vollkommen wortloses Aufeinandertreffen der Beiden. Wie sie ihre Kopfhörer um und er sein Buch in der Hand hatte. Und wie sie sich angeschaut haben und es um ihn geschehen war. Der Leser erfährt auch, dass der Mann schon seit über einer Woche nach ihr Ausschau hält, dass er sogar zu genau der gleichen Zeit ihres ersten Treffens wieder in der Metro war und dass dies sein letzter verzweifelter Versuch ist sie zu finden.


Unter dem Gedicht die Aufforderung sich bei einer extra eingerichteten Mailadresse zu melden.


Ich weiß, dass das eine ziemlich kitschige Geschichte ist und sie wird schon gar nicht dadurch besser, dass wir ja sowieso niemals wissen werden, ob und wie sich die beiden tatsächlich finden, aber in der Stadt der Liebe so öffentlich auf der Suche nach ihr, ist doch irgendwie erzählenswert. Außerdem zeigt uns eine solche Geschichte doch, dass man manchmal vielleicht auch etwas riskieren sollte, um es hinterher wenigstens nicht zu bereuen (und in der U-Bahn Zettel aufhängen muss J).
In diesem – heute mal sehr romantischen und hochphilosophischen – Sinne wünsche ich Euch allen noch une bonne soirée.

P.S.: Die BVG hat übrigens für solche Fälle den Service „Meine Augenblicke“ eingerichtet, an den man sich wenden kann und der einem hilft, die große Liebe aus Bus oder Bahn wiederzutreffen. Weitere Infos unter: http://www.bvg.de/index.php/de/9462/name/Meine+Augenblicke.html

Samstag, 23. Oktober 2010

PARIS: Un ascenseur parisien oder wie lerne ich am schnellsten einen Pariser Feuerwehrmann kennen

Gestern abend bin ich auf dem Weg zu einer Party (einer Verkleidungsparty! denn die scheinen die Franzosen momentan zu LIEBEN) zusammen mit meinem Mitbewohner Vincent, seiner Schwester Alice und vier ihrer Freunde im Fahrstuhl stecken geblieben. Ok, ich muss gestehen, der Fahrstuhl war nur für vier Personen und wir waren sieben ... zugegebenermassen eine echt bescheuert Idee :-). Nach 30 Minuten hatte uns die Feuerwehr wieder rausgeholt und wir sämtliche (schon schlafende) Hausbewohner zur Weißglut gebracht.


Stuck in an elevator



MERCI BEAUCOUP!

Freitag, 22. Oktober 2010

PARIS: Salut aus Paris ODER Mit Mojito gegen die frühe Rente

Eigentlich hatte ich vor, meinen ersten Blog-Eintrag als XEN ON Tour-Reporterin über Pariser Klischees zu schreiben. Es gibt hier nur verliebte Pärchen, alle laufen mit einem Baguette unter dem Arm herum und an jeder Ecke sitzt ein Maler vor seiner Staffelei, aber denkste: denn schon als ich letzten Donnerstagabend in meiner vorrübergehenden  Heimat gelandet bin, war hier totales Chaos.

Seit Wochen protestieren die Franzosen gegen die geplante Rentenreform der Regierung. Denn angeblich auf Grund des demographischen Wandels will Nicolas Sarkozy das Renteneintrittsalter von 60 auf 62 Jahre erhöhen. Zugegebenermaßen eine Zahl, bei der wir Deutschen nur lächelnd abwinken können, aber für die Franzosen ein Grund mehr einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen nachzukommen (natürlich neben Wein trinken und Käse essen): DEM GENERALSTREIK.

Schon mein Weg vom Flughafen in die Stadt erwies sich letzte Woche als äußerst schwierig, denn die Bahn, mit der ich fahren wollte wurde bestreikt und fuhr damit überhaupt nicht. Gott sei Dank gibt es aber auch noch einen Bus, der vollgestopft bis in die letzte Ecke, mich dann aber doch noch, wenn auch mit gewaltiger Verspätung, irgendwie bis ins Zentrum gebracht hat. Später am Abend bekam ich dann auch gleich noch die Ausfälle der eigentlichen Pariser Metro zu spüren, denn der Zug auf den ich, nun mit meinem neuen Mitbewohner, warten musste, kam erst nach über 20 Minuten – für Pariser Verhältnisse eine kleine Ewigkeit.

La grève = der Streik

Am nächsten Tag kamen dann auch gleich schon erste besorgte Anrufe meiner Großeltern "von wegen sie hätten im Fernsehen gesehen und ob bei mir denn alles in Ordnung sei". Um ganz ehrlich zu sein: Erst als ich Online-Nachrichten gelesen habe, war mir so wirklich bewusst, was hier im Land eigentlich los ist, denn wenn man nicht gerade zufällig Benzin tanken möchte, schien erst einmal alles ganz normal.
So habe ich mein erstes Paris-Wochenende also in vollen Zügen genossen und außer, dass hier und da Leute über “la grève” gesprochen und sich alle über verspätete Züge beschwert haben, habe ich von der angespannten Situation, genauso wie ihr in Deutschland, nur über die Nachrichten etwas mitbekommen.

Grammatik im Schnelldurchlauf

Am Montagmorgen im Sprachkurs war ich deshalb dann auch echt erstaunt, als die Lehrerin mit uns die Grammatik für die ganze Woche an nur einem Tag im Schnelldurchlauf besprechen wollte. Ihre Begründung: auf Grund des Streiks wird die Hälfte der Klasse den Rest der Woche eh nicht kommen, weil die Züge nicht fahren werden und deshalb machen wir alles sofort. Verrücktes Frankreich!


Falls ich es bis dahin immer noch nicht richtig geglaubt habe, bin ich am Dienstag dann endgültig von der Realität eingeholt worden. Als ich nach der Schule aus meiner Metrostation komme, traue ich meinen Augen nicht, überall ist Polizei, die Straßen rund um meine Wohnung sind abgesperrt und es sind Massen von Menschen auf den Straßen. Viele von ihnen sind mit Plakaten, Trillerpfeifen und Aufklebern ausgerüstet.


Die Demonstranten versammeln sich im 7. Arrondissement


Ich stürze mich also rein ins Getümmel und wenige Meter weiter befinde ich mich mittendrin in einer Großdemonstration. Obwohl ich auf einem riesigen Platz auf die insgesamt über 300.000 Demonstranten stoße, bin ich beeindruckt von der Masse Mensch, die über Stunden immer weiter dazu strömt.

Es sind vor allem junge Leute, die auf Trommeln schlagen, ihre Banner schwenken und Sprechgesänge anstimmen. In ganz Frankreich sind viele Schulen und Universitäten mittlerweile geschlossen und in Städten wie Lyon und Le Mans ist es auch schon zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polzei gekommen. Hier in Paris scheinen die meisten gut gelaunt und friedlich, wobei man vielen ansieht, dass sie wild entschlossen sind, diese neue Gesetzesregelung zu verhindern.


Nicht nur die Unis, auch die Bibliotheken streiken



Mit Mojito gegen die frühe Rente

Ich setze mich zu ein paar Studentinnen an den Straßenrand und als ich sie frage, warum genau sie hier eigentlich mitlaufen, gerate ich in einen ein Schwall von französischen Wörtern, aus dem ich aber, trotz teilweise ja doch etwas mangelnder Sprachkenntnisse, so viel verstehen kann, als dass es für sie eine Pflicht wäre hier mitzumachen, denn man dürfe sich von der Regierung ja nun nicht alles gefallen lassen.
Der Platz vor "Les Invalides" am Dienstag Nachmittag
Dieser Meinung scheinen aber nicht nur die jungen Franzosen, denn sie werden auch von mehreren älteren Menschen und heutigen Rentnern unterstützt, die alle zusammen quer durch die Stadt Richtung Elysée-Palast laufen, um dem Präsidenten ihren Ärger zu zeigen.

Bevor ich die jungen Franzosen hier  jetzt als allzu politisch engagiert darstelle, möchte ich aber doch noch kurz erzählen, dass ich zusammen mit den Studentinnen die meiste Zeit damit verbracht habe, auf dem Platz herumzulaufen, um einen Mann zu suchen, der wohl schon den ganzen Tag wirklich billigen, aber richtig starken Mojito an die Demonstranten verkauft  … leider haben wir ihn nicht mehr gefunden.

Als es langsam dunkel wird, die ersten Rauchbomben gezündet werden und sich die Polizei etwas mehr in den Vordergrund drängt, verabschiede ich mich von den Mädchen, die sich jetzt auch wieder auf ihren Heimweg in die Pariser Vororte machen und der, da die Bahn ja wohl noch eine ganze Weile weiter streikt, sicherlich mal wieder etwas länger dauern wird.


À bientôt!