Dienstag, 26. Oktober 2010

PARIS: Mais où es-tu? ODER eine ungewöhnliche Suche.

Sitze gerade bei mir um die Ecke in einem typischen Pariser Café, das nebenbei extrem gute Chancen hat mein Stamm-Café zu werden, denn der grüne Tee mit Minze ist sehr lecker und wird dazu auch noch in einer kleinen silbernen Kanne serviert. Was will man mehrJ? Aus den Lautsprecher erklingen tatsächlich französische Chansons und gegenüber ist eine Pâtisserie, aus der die Menschen mit einem Baguette oder einem Karton voll mit kleinen Törtchen kommen. Und um gleich bei den Klischees zu bleiben, geht es heute um die Liebe …

   Tu es arrivé sur le quai
   Marchant en tête de train
   Moi j’étais concentré
   À lire mon petit bouquin

Für die von Euch, die des Französischen mächtig sind: Nein, ich bin nicht unter die Dichter gegangen. Und für die von Euch, die die Sprachkenntnisse aus der Schule lieber in die hinterste Ecke Eures Wissens verfrachtet habt: Keine Sorge ich werde Euch nicht andauernd mit "la langue francaise" herausfordern … doch wollte ich Euch diese kleine, aber feine und vor allem sooo romantische, Geschichte nicht vorenthalten.
Denn diese französischen Zeilen sind der Anfang eines Gedichtes, auf das ich heute Morgen in der Metro gestoßen bin. Der DIN A4 Zettel auf dem es stand, klebte an jeder Wagontür und der Titel des Gedichts war „Mais ou es-tu?“. 


So hing das Gedicht heute an jeder Tür des Zuges.


Verfasser des Gedichts  ist wohl ein (junger?) Mann, der auf der Suche nach seiner großen Liebe ist, von der er überzeugt ist, sie vor knapp zwei Woche in der Metro gesehen zu haben. Zugegebenermaßen das Gedicht ist ein bisschen nach dem Motto „Reim Dich oder ich fress Dich“ zusammengewürfelt, aber es beschreibt das erste und bisher einzige vollkommen wortloses Aufeinandertreffen der Beiden. Wie sie ihre Kopfhörer um und er sein Buch in der Hand hatte. Und wie sie sich angeschaut haben und es um ihn geschehen war. Der Leser erfährt auch, dass der Mann schon seit über einer Woche nach ihr Ausschau hält, dass er sogar zu genau der gleichen Zeit ihres ersten Treffens wieder in der Metro war und dass dies sein letzter verzweifelter Versuch ist sie zu finden.


Unter dem Gedicht die Aufforderung sich bei einer extra eingerichteten Mailadresse zu melden.


Ich weiß, dass das eine ziemlich kitschige Geschichte ist und sie wird schon gar nicht dadurch besser, dass wir ja sowieso niemals wissen werden, ob und wie sich die beiden tatsächlich finden, aber in der Stadt der Liebe so öffentlich auf der Suche nach ihr, ist doch irgendwie erzählenswert. Außerdem zeigt uns eine solche Geschichte doch, dass man manchmal vielleicht auch etwas riskieren sollte, um es hinterher wenigstens nicht zu bereuen (und in der U-Bahn Zettel aufhängen muss J).
In diesem – heute mal sehr romantischen und hochphilosophischen – Sinne wünsche ich Euch allen noch une bonne soirée.

P.S.: Die BVG hat übrigens für solche Fälle den Service „Meine Augenblicke“ eingerichtet, an den man sich wenden kann und der einem hilft, die große Liebe aus Bus oder Bahn wiederzutreffen. Weitere Infos unter: http://www.bvg.de/index.php/de/9462/name/Meine+Augenblicke.html

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