Montag, 28. November 2011

GRAN CANARIA: L'autre côté de l'île ODER Leben in Las Palmas

Billige all-inclusive Hotels, lärmende Sauftouristen und das schöne Wetter als einziges Highlight - ein gutes Image sieht anders aus.  Doch eine weltbekannte Segelregatta, eine engagierte Architektin und ein Konzerthaus direkt am Meer zeigen eine andere Seite Gran Canarias.
Ein Sonntag in der Inselhauptstadt Las Palmas:

11.00 Uhr, Av. de Canarias  
Es scheint als würden große weiße Schaumkronen auf den blauen Wellen tanzen und sich dabei immer mehr gen Horizont bewegen, wo sich das Blau des Wassers mit dem des Himmels vermischt ... doch was aussieht wie ein Naturschauspiel sind in Wirklichkeit die mehr als 200 Segelboote, die an der Atlantic Rally for Cruisers 2011 teilnehmen. Schon seit 1986 gibt es die Regatta für Profi- und Amateursegler. Dabei wird die Notwendigkeit, die Schiffe in ein wärmeres Winterdomizil zu bringen, mit dem Spaß am Wettkampf verbunden. Jedes Jahr Ende November, wenn die Passatwinde einsetzen, verlassen die Boote den Hafen von Las Palmas und segeln nach Saint Lucia vor der Küste Südamerikas. Wie immer ist die Mole im Hafen voll mit Menschen, die die Segler verabschieden. Je nach Boot werden zwischen 12 und 24 Tagen benötigt, um die circa 2700 Seemeilen zurückzulegen.

 
Je näher man Las Palmas kommt, desto mehr füllt sich der Ozean

Angehörige der Segler, Touristen und Einheimische - alle wollen sich verabschieden
Quelle: http://www.sy-maunalua.ch/wp-content/uploads/2011/11/wpid-2011-11-13-12.19.02.jpg 
14.00 Uhr, La Vegueta
Hinter der Kathedrale Santa Ana beginnen die Marktleute gerade ihre Stände abzubauen. Frisches Obst, bunter Schmuck und handgefertigte Ledertaschen verschwinden nun in Kisten. Die Folkloregruppe auf dem kleinen Platz lässt sich von der Aufbruchstimmung jedoch nicht anstecken und singt, tanzt und spielt munter weiter. 




Blick auf Las Palmas vom Turm der Kathedrale
Auf der anderen Seite des imposanten Gotteshauses, mitten in La Vegueta, der Altstadt von Las Palmas, wohnt die Architektin Marta Sanjuan mit ihrem Mann und ihren vier kleinen Kindern in einem Haus aus dem 16. Jahrhundert: "Alte Häuser haben eine Seele, sie verbinden uns mit der Geschichte und man entdeckt versteckte Schätze, die man neu interpretieren muss". Die Wohnräume der Familie gehen auf zwei Stockwerken von einem Innenhof ab, in dessen Mitte eine schmale Palme in den Himmel ragt. "Ich arbeite besonders gerne in alten Häusern, denn die Hölzer und Steine werden im Laufe der Jahre einzigartig", begründet die 40-jährige ihre Wahl, sich für genau dieses Haus als Eigenheim entschieden zu haben.  

Der Mittelpunkt des Hauses: der Innenhof

Viele gemütliche Ecken laden zum Verweilen ein 

"Vintage-Möbel, moderne Lampen und puristische Wände", so beschreibt die Architektin ihren Stil. 

Liebevoll ausgewählte Details geben der Einrichtung eine persönliche Note
An ihrer Heimatstadt Las Palmas mag Marta nebem dem schönen Wetter, dem hellen Licht und dem blauen Himmel vor allem ihre Vielfältigkeit: "Man kann kilometerweit mit dem Fahrrad entlang der Küste fahren, einen entspannten Tag am Strand verbringen oder in einer der kleinen Tapas-Bars köstliches Essen genießen". Außerdem schätzt sie die Unterschiedlichkeit der Einwohner.  "Schon seit Jahrhunderten haben Engländer, Inder, Koreaner und Afrikaner hier ein neues Zuhause gefunden". Diese bunte Mischung "zusammen mit den Touristen, die kommen und gehen" macht die offene und tolerante Atmosphäre aus.   

19.00 Uhr, Playa de las Canteras
Das Wochenende neigt sich dem Ende und man flaniert über die Strandpromenade von Las Canteras. Eben haben die Wahllokale  geschlossen. In Spanien vollzieht sich "el cambio" (der Wechsel von einer sozialistischen zu einer konservativen Regierung). Doch das scheint hier nur wenige zu interessieren, obwohl dieses Mal sogar Las Palmas' ehemaliger Bürgermeister Chancen auf einen Ministerposten hat. Über die Fernseher in den Restaurants flimmern aber nur die sonntäglichen Fußballspiele.

Blick von der Strandpromenade auf den Teide, den höchsten Berg Teneriffas

Futuristische Straßenlampen säumen die Promenade, an deren Ende sich das 1997 gebaute Konzerthaus Auditorio Alredo Kraus erhebt. Sogar die Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle haben hier schon gespielt. Überhaupt scheint das kulturelle Leben der Stadt im Aufbruch. "Allein in Vegueta haben wir vier verschiedene Theater, mehrere Galerien und das Atlantic Center of Modern Art", bestätigt auch Marta Sanjuan diesen Eindruck.

Nicht nur Klassik- sondern auch Popkonzerte finden in dem ungewöhnlichen Gebäude statt 
Quelle: http://www.spanien-newsletter.de/fileadmin/user_upload/ausgabe-2008-dezember/019gc-gran-canaria-las-palmas-auditorio-alfredo-kraus-3500977a.jpg 

Und während die Sonne im Atlantik versinkt scheinen Billighotels und Sauftouristen meilenweit entfernt - jedenfalls aber sind es knapp 60 Kilometer, denn soweit ist es von Las Palmas bis in die Touristen-Hochburgen Playa del Inglés und Maspalomas. Eine Strecke, die inzwischen über die gut ausgebaute Autobahn in einer halben Stunde zurückzulegen ist und so ist diese Seite der Insel doch wirklich einen Ausflug wert.


Freitag, 11. November 2011

LAUSANNE: "M'arrête pas maintenant" ODER fröhliches Liederraten

Sie war mehr als eine Schönheitskönigin
Von einer Filmszene
Ich sagte 'Mach dir nichts draus'
Aber was meinst du
Ich bin derjenige
Der auf dem Fußboden tanzen wird, in der Runde

 

Nein, weder bin ich unter die Poeten gegangen, noch bin ich verrückt geworden. Aber vielleicht hat es ja jemand erkannt ... ???

Richtig! Es ist der Anfang von Michael Jackson's "Billie Jean", eben nur auf Deutsch. Dass man mit dem schlichten Übersetzen englischer Popsongs sogar eine ganze Abendunterhaltungs-Show füllen kann, haben "Les Tistics" am vergangenen Samstagabend in Lausanne, (fast) am anderen Ende des Genfer Sees, unter Beweis gestellt.

LES TISTICS

Foto-Quelle: http://www.parisetudiant.com/etudiant/sortie/les-tistics-les-franglaises.html

Ganz in der Nähe der großen Kirche St. Francois mitten in Lausanne reiht sich erst seit kurzem eine neue Location in das bunte Nachtleben der Stadt: das "Lido". Nach dem berühmten Pariser Vorbild, bietet es ein vielfältiges Unterhaltungsprogramm mit Komikern, Musikern und kleinen Theaterstücken.
Der äußere Eindruck ist jedoch erst einmal nicht sehr viel versprechend: Ein unscheinbarer Eingang neben einem schäbigen Friseurladen, schon am frühen Abend lungern die Drogendealer vor der Tür und ausgehfeine 16-jährige in viel zu hohen Pumps balancieren unsicher das Kopfsteinpflaster der schmalen Fußgängerzone bergauf.
Doch kaum ist man die Treppe herunter, taucht man ein in eine andere Welt. Alte Kronleuchter gemixt mit 60er Jahre Papierlampen leuchten in der großen Spiegelwand. Riesige Stoffbahnen an den Wänden, Flohmarkt- ... ähm ... Vintage-Sessel zum Einsinken und leise erklingender französischer Swing verleihen dem alten Theater einen etwas maroden, aber faszinierenden Charme.  
Doch das eigentliche Motto hier ist "Comedy&Club" und so verwandelt sich der Theatersaal jedes Wochenende ab 23h in einen Club. Zu alten Klassikern (nicht Elektro! ja, so etwas gibt es noch) aus Rock 'n Roll, Soul und Funk wird bis in die Morgenstunden getanzt.

 
Francais meets Anglais

Foto-Quelle: http://jullybouh.deviantart.com/art/Les-Franglaises-3-178043798

"Les Franglaises" nennt sich das neue Stück der kreativen Truppe, Les Tistics,  deren Mitglieder sich beim Improvisationstheater in Paris kennen gelernt haben. Es ist ein interaktiver Abend und das Publikum ist voll dabei. Das Spiel ist simple: Vorgetragen werden die wortgetreuen Übersetzungen englischsprachiger Lieder auf Französisch. Wer das Lied zuerst erkennt, ruft die Lösung einfach in den Raum. Da gibt es dann zum Beispiel die Uptempo- Nummer "Il faut commencer" von den Black Eyed Peas, den Musical-All-time Favourite "Ces nuits d'été" aus Grease oder den Party-Hit "Il pleut des hommes" von den Weather Girls.  

Noch mehr Beispiele und damit Ihr endlich seht, wovon ich rede:



Manchmal lohnt es sich also wirklich im Radio etwas genauer hinzuhören, denn wer sich "ich brenne durch den Himmel, Zweihundert Grad, deswegen nennen sie mich Herr Fahrenheit, ich reise in Lichtgeschwindigkeit, ich will einen Überschallmann aus dir machen" einmal auf der Zunge zergehen lässt, der kann über den einen oder anderen großen Liederschreiber der Moderne tatsächlich nur noch den Kopf zu schütteln (oder sich fragen, welches Teufelszeug dieser während des Liederschreibens genommen hat). Genauso wie der Titel dieses Beitrages ist auch das eben genannte Beispiel aus dem Song "Don't stop me now" von Queen. 

Das Konzept scheint auf jeden Fall zu funktionieren, denn auch in Deutschland gibt es für diese etwas irritierende Art, Musik darzubieten,  offensichtlich eine größere Fangemeinde, die den einen oder anderen inspiriert.





Mittwoch, 2. November 2011

GENF: La porte s'ouvre ODER der erste Eindruck

... in Bildern und Beobachtungen

Ohne "Jet d'eau" wäre es nicht Genf
Abkürzungen, Abkürzungen, Abkürzungen!!! UNO, CERN, IKRK, WHO, IAO, ISO, ITU, WIPO, WMO, WOSM, WTO, UNHCR und und und ... mehr als 25 internationale Organisationen haben sich in Genf niedergelassen. 40% der Genfer Bevölkerung sind Ausländer, die aus über 180 Nationen kommen.

Herbststimmung
In der Fußgängerzone spielt der Leierkastenmann "As time goes by", die vorbei eilenden Damen mit den Designertaschen am Arm scheint das nicht zu interessieren. Wenige Meter weiter an der Bushaltestelle bettelt eine Frau um Geld. "Bébé, bébé", murmelt sie, dabei streicht sie immer wieder über ihren Bauch. Es ist offensichtlich, dass sie sich ein Kissen unter den Pullover geschoben hat.

St. Pierre de Genève
Die Kathedrale St. Pierre liegt etwas erhöht und bildet den Mittelpunkt der Altstadt. Auf dem kleinen Platz davor dreht sich ein altes Karussell mit liebevoll verzierten Pferdchen. Direkt dahinter gibt es billige Ramschware an kaputten Marktständen zu kaufen. 

Schweizer Fahnen und die Flagge des Kanton Genf
Eine osteuropäische Touristengruppe folgt ihrer Stadtführerin laut lärmend durch die Altstadt.  Statt mit dem obligatorischen Fähnchens marschiert sie mit einer großen Stoffblume strammen Schrittes vorneweg. 

Place de Bourg-du-Four
In der Altstadt reiht sich eine moderne Kunstgalerie an die nächste. Gleich daneben das Geburtshaus von Rousseau. Aus dem oberen Stockwerk ertönt klassische Musik, jemand übt auf dem Cello.   

Kleine Gassen gibt es überall
Es riecht nach nassem Herbstlaub. Wie immer, hat sich der morgendliche Nebel erst im Laufe des Tages vollständig verzogen. Die Nachmittagssonne lässt die wenigen verbleibenden Blätter an den Bäumen orange, gelb und rot leuchten.

Im Hintergrund der Mont Salève (Frankreich)
Multikulti in der Tram: In Anzug und mit Aktentasche, den Blackberry am Ohr, bestätigt der Mann seinen Termin auf Englisch. Die Frau mit den langen künstlichen Fingernägeln und ihre Begleitung unterhalten sich in lebhaftem Spanisch. Ein Sitznachbar telefoniert wild gestikulierend auf Italienisch. Die Tür geht auf, eine Gruppe von Französisch sprechenden Schülern steigt ein. Zwei Touristinnen mit rot-grauen Wanderrucksäcken lesen in ihrem Stadtführer - er ist auf Deutsch. 
Die spinnen doch, die Genfer :-)!

 
P.S.: Für die ganz Neugierigen gibt es unter http://de.wikipedia.org/wiki/Genf die Erklärungen zu den am Anfang aufgezählten Abkürzungen.