Mittwoch, 28. November 2012

MYANMAR: Un prisonnier politique ODER ein Leben für die Demokratie

Ein unscheinbares Häuschen in einer kleinen Seitenstraße in Yangon. Es ist Regenzeit und die Straße gleicht einer Schlammwüste. Hier wohnt Win Tin. Ein Mann, der die Geschichte Myanmars in den letzten Jahrzehnten nicht nur erlebt, sondern mitgeschrieben hat. 

Win Tins Haus in Yangon

Win Tin in seinem Haus, das aus diesem und einem kleinem Schlafzimmer nebenan, besteht.

Auf dem niedrigen Tisch liegt eine geblümte Wachstuchdecke. Der kleine Eisschrank an der Wand brummt. Win Tin trägt den traditionellen Longyi: Einen Wickelrock, der in Myanmar sowohl von Frauen als auch von Männern getragen wird. 

Win Tin ist mittlerweile 83 Jahre alt und vom Leben gezeichnet. Er war Politiker, Schriftsteller und Journalist - vor allem aber für fast 20 Jahre politischer Gefangener der burmesischen Militärjunta.

Nach den politischen Unruhen in Myanmar 1988 war es Win Tin, der zusammen mit Auung San Suu Kyi die National League of Democracy (NLD) als Oppositionspartei in Myanmar gegründet hat. Nur wenige Monate später, im Juli 1989, war es genau diese Position, die das Militär dazu veranlasste Win Tin zu verhaften und ins Gefängnis zu stecken. Auch einige von Win Tin veröffentlichte Artikel, in denen er versuchte die Vereinten Nationen auf Menschenrechtsverletzungen in burmesischen Gefängnissen aufmerksam zu machen, trugen zu seiner Verhaftung bei. Körperliche und psychische Folter gehörten von da an nun auch zu seinem Alltag. 

Auch im Gefängnis bekam Win Tin Unterstützung aus aller Welt ... 

... hier ein Poster zu seinem 75. Geburtstag von Reporters Without Borders

Am 23. September 2008 wurde Win Tin aus dem Gefängnis entlassen. Seit 2011 darf er sogar seine Bücher wieder veröffentlichen. Außerdem schreibt er wieder Artikel. Gerade arbeitet er an einem Kommentar für das NLD-Magazin „D-Wave“. D steht für Democracy, wie er mir erklärt. 

Wie jeden Nachmittag hat nun der Monsunregen eingesetzt und prasselt auf das Wellblechdach. Ich kann Win Tin, der mit leiser Stimme redet und immer wieder lange Pausen macht, um etwas Wasser zu trinken, kaum noch verstehen. In der Ecke bemerke ich eine schwarze Kappe, auf der mit weissen Buchstaben "Press Freedom" steht. Win Tin erzählt mir mit Begeisterung, dass er sie letzte Woche von Teilnehmern, der ersten offiziellen Demonstration für die Rechte von Journalisten geschenkt bekommen hat. 
Er spricht auch noch über die Veränderungen im Land. Wie überraschend sie gekommen sind und wie skeptisch er ist, ob sich Burma (wie er es natürlich nennt) noch weiter öffnen wird. Vor wenigen Tagen hat er sich wieder mit Auung San Suu Kyi, seiner langjährigen Weggefährtin, getroffen. Sie müssen neue, junge und vor allem führungsfähige Leute für die NLD gewinnen. Auch die Partei einer Nobelpreisträgerin hat Rekrutierungsprobleme. Verständlich in einem Land, in dem die unter 20-jährigen noch nie eine demokratische Wahl erlebt haben. 

Meinungsfreiheit, Mitbestimmungsrecht und das Wissen um einen funktionierenden Rechtsstaat - Geschichten wie die von Win Tin, zeigen, welche Schwierigkeiten Menschen in Kauf nehmen, um für genau diese Rechte zu kämpfen. Und sie sollten uns diese Werte, die wir in Europa meistens als selbstverständlich erachten, noch mehr wertschätzen lassen. 

Als ich ihn zum Schluss noch um ein weiteres Foto bitte, stimmt er sofort zu. Einzige Bedingung: Er möchte die "Press Freedom" Mütze aufsetzen!

Ein lebenslanger Kampf für Demokratie


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